Wie funktioniert eigentlich unsere Schule?

Schule ohne Leitung?

 

Eine Schule ist ein komplexes System, in das die Schüler meistwenig Einblick haben. Das ist an unserer Schule nicht anders. Anders allerdings ist ihre Funktionsweise. Alle wissen, dass es keinen Rektor gibt, aber was gibt es dann?

An der Waldorfschule ist die Organisation gemeinschaftlicher. Bis vor vier Jahren waren es noch drei Verwaltungsräte aus dem Kollegium, die sich aller Probleme annahmen und die Ansprechpartner waren. Dieses Modell galt zwar viele Jahre. Dieie Belastung dieser drei Verantwortungsträger war aber zu groß und das Konzept schien nicht gemeinschaftlich genug. Eine andere Lösung musste her.

 

Neue Strukturen

 

Harald Jäckel, eigentlich Diplom-Kaufmann, hatte die Antwort parat. Er beschäftigt sich mit allen Formen der Organisation und Konfliktlösung und das nicht nur an Waldorfschulen. Wie auf seiner Website zu lesen ist, arbeitete er bereits für Daimler, Porsche, die Commerzbank, Weleda und andere große Konzerne.

2019 erschien das für unsere Schule entscheidende Buch, in dem er allen Waldofschulen ein Konzept vorschlägt, wie sie sich intern gemeinsam, harmonisch und effizient organisieren können. So sein Versprechen. Dieses Modell stellt er unter die Frage: 

“Wie können in einer derart komplexen Organisation sowohl Kollegialität und Gemeinschaft als auch die Kraft individueller Unternehmensführung leben?“

Klingt schwierig, aber…

 

… wie funktioniert das eigentlich?

 

Den Grundstein des Modells bilden vier Gruppen, die die Organisation der Schule unter sich aufteilen, die sogenannten „Ressorts“.

Diese sind: Organisation, Finanzen, Personal und Pädagogik. Jedes dieser Ressorts hat die Entscheidungsgewalt über seineneigenen Themenbereich. Sie setzen sich zusammen aus jeweils sechs bis neun Leuten, vorwiegend aus dem Kollegium, sowie ein paar Eltern. 

Mir drängte sich die Frage auf, wie man denn als Elternteil in die Verwaltung der Schule hineinkommt? Herr Gühring, mit dem ich darüber gesprochen habe, antwortete, dass es zum einen Bewerbungen gäbe, zum anderen den Faktor Vitamin B, die schwäbisch propagierte 

‚Vetterleswirtschaft‘. Jedes der Mitglieder hat im Rahmen seinesRessorts eigene Aufgaben. Aber was genau tun die einzelnen Ressorts?

 

Die vier Ressorts

 

Personal: Hier werden sowohl Bewerbungen verarbeitet und Anstellungen getätigt als auch die Weiterbildung der bereits Angestellten gefördert. Auch wenn es Konflikte unter Lehrern gibt, die unseren Schüleraugen ja meist verborgen bleiben, ist das Personalressort für eine Lösung zuständig.

 

Pädagogik: Im Vergleich zum Personalressort, wo es um die Belange der Angestellten geht, dreht sich hier alles um die Schüler. Die Lehrpläne der Waldorfschule, die ja bekanntlich von denen einer Staatsschule abweichen, werden hier besprochen. Neue Konzepte und Entscheidungen über einzelne Schüler werden hier gefällt und diskutiert. 

 

Organisation: Die Organisation hat alle Aktionen rund um die Schule in der Hand und ist auch für die Präsenz der Waldorfschule in der Öffentlichkeit zuständig. So kümmern sie sich um die Homepage und das Jahrbuch, auch um Schulaktionen, wie die viel gelobten Märkte der Schule, und um die Prüfungen. 

 

Finanzen: In einer „Schule in freier Trägerschaft“, wie man so schön sagt, ist die Finanzierung eine ganz andere als bei einer staatlichen Schule. Zum einen zahlen alle Familien Schulgeld, nach einem Prozentsatz, der nach dem individuellen Einkommen ermittelt wird. Laut der Website unserer Schule liegt dieser „zwischen 3,1% und 6% des verfügbaren Haushaltsnettoeinkommens“. Obwohl das nur ein Drittel des Schulhaushalts ausmacht, sind wir damit eine Privatschule. Der Rest kommt aus Spenden und staatlichen Zuschüssen, die zwischen 65% (laut waldorfschule-silberwald.de) und 72% des Schulunterhalts liegen sollen, wie der durchaus kritische Anthroposophie.blog verlauten ließ. Aus diesem Pool setzen sich die Gehälter, Investitionen und der Unterhalt unserer Schule zusammen – Gelder, die das Finanzressort verteilt.

Zu guter Letzt gibt es noch den Vorstand, der sich aktuell aus Gesine Geiselmann, Wolfram Geuppert, Silvia Sommer, Melanie Trugenberger und Dieter Weber zusammensetzt. Sie haften für die Schule. 

 

Die Konferenzen

 

Aber wie finden in diesem Konzept die von der Waldorfpädagogik propagierte Gemeinschaft und eine effiziente Organisation Platz, wenn doch alles in vier Ressorts und darin wieder auf Leute mit ganz eigenen Aufgabenbereichen aufgeteilt ist? 

Die Antwort sind regelmäßige Konferenzen, bei denen zuerst zeitgleich die vier Ressorts separat tagen. Danach werden die Ergebnisse in einer Gruppe mit Mirgliedern aus allen Ressorts präsentiert, müssen hier aber nicht abgesegnet werden.

So laufen die Stränge der Selbstverwaltung unserer Schule zusammen. Jedes Ressort besitzt zwar die Entscheidungsgewalt über die eigenen Belange, ist aber auf die anderen Ressorts angewiesen. Beispielsweise kann das Pesonalressort keine Anstellungen tätigen, oder die Organisation nicht selbstständig ganze Märkte auf die Beine stellen, ohne vorher die Finanzen geklärt zu haben. Schließlich ist doch alles eine Frage des Geldes. 

 

Was fehlt? – Meinung und Ausblick

 

Bis vor wenigen Wochen hatte ich noch nie von dem Konzept der Verwaltung unserer Schule gehört, obwohl es schon seit mehreren Jahren etabliert ist, was mich zu meinem ersten Kritikpunkt bringt: Transparenz. 

Das ganze Konzept soll unter dem Motto der Harmonie, Mitsprache aller und der Selbstbestimmung stehen; eine der Demokratie entlehnte Herangehensweise. Was aber, wenn die Schüler, die den Mittelpunkt in diesem Ganzen ausmachen und nach dieser Selbstbestimmung erzogen werden sollen, keine Ahnung und so kaum die Möglichkeiten haben, sich zu engagieren?  Es würde die Kommunikation erleichtern und vielen Konflikten vorbeugen, wenn die Oberstufe Einblick und Mitsprache in der Entscheidungsfindung hätte.

Zu diesem Zweck wurde die SMV (Schülermitverwaltung) entworfen, die jedoch auch nur ausnahmsweise in Konferenzen vertreten ist. Ich glaube, es sollte ein Anliegen sein, die Schüler hier zu integrieren und sie in die Pädagogik der Schule aufzunehmen, da die Beachtung ihrer Perspektive vielen Konflikten vorbeugen könnte.

Deshalb mein Artikel:  als ein Schritt der Annäherung.

 


Philip Schneider, 11. Klasse

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